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Hybride Hoffnungen - Für Kultur schaut man seit November aber vielfach erst mal wieder in die Röhre
Quelle: exground©

Kultur | Rechner, die Zweite

Bits and Blues

Virtuelle Angebote und Auszeiten

Beim ersten Lockdown im Frühjahr taten sich manche Kultur-Institutionen und Kulturschaffende noch schwer mit dem Switch ins Internet. Manche fremdelten sogar regelrecht. Vom Frankfurter Literaturhaus etwa war lange Zeit wenig bis gar nichts im Netz zu sehen, während die Kolleg*innen in Wiesbaden recht schnell und fleißig Lesungen produzierten. Diesmal scheint es fast umgekehrt. Die Frankfurter*innen haben tatsächlich den neuen Kanal entdeckt – und füllten ihn nun schon fast obsessiv und gleich vom ersten Lockdown-Tag an mit Literaten und Literatinnen. Die Wiesbadener*innen, die ihren im Frühjahr entdeckten Online-Kanal auch im Sommer weiter gepflegt hatten, bespielen ihn jetzt fast unaufgeregt dezent, aber stetig weiter mit neuen Podcast-Lesungen und -Gesprächen. Ihr Angebot gleicht mittlerweile eher einer Mediathek.

Überhaupt gab es im November in den einzelnen Sparten erst einmal die Zwei-Kanal-Variante: Manche switchten fast schon routiniert ins Netz (zurück), andere verharrten erst einmal oder verweigerten sich sogar demonstrativ – manche allerdings sicherlich auch notgedrungen. Viele Museen – die anfangs nicht genau wussten, ob auch sie Lockdown-Masse sind – schickten ihre Programme langsam wieder in den Äther: etwa das Filmmuseum seine Filmgespräche (und viele weitere Angebote) oder das Architekturmuseum die Präsentation neuer Bücher und Themenreihen. Aber einige verfielen auch eher in Lethargie. Wobei manche sich auch gefragt haben, ob angesichts ungewisser zeitlicher Perspektiven ein Server-Hochfahren überhaupt Sinn mache. Pari sah es bei den Film-Festivals aus: die Hälfte ging online, die andere Hälfte wartete erst einmal auf bessere Dezember-Zeiten (und wartet mittlerweile auf ebensolche im Januar). Die originellste Variante hatte exground mit dem Hybrid aus zwei Festivals: eins gemacht (online im November), eins erwartet (offline und vergeblich für Dezember). Ähnlich sieht es bei Theatern aus. Der Mousonturm etwa fokussierte als »Online im Turm« wieder seinen Digitalen Mousonturm (von dem er sich mit Programmen wie »Forced Entertainment Table Top Shakespeare: At Home Edition« allerdings nie ganz verabschiedet hatte), während das Staatstheater Darmstadt sich diesmal mehr oder minder eine Auszeit nahm. Dies, wie der Intendant fast schon trotzig verkündete, sogar ganz bewusst – zum Proben, Nachdenken und auch zum besseren Vernetzen der Branche für kommende, vermeintlich schwere Zeiten. Nachdem die Zeiten sich dann aber erstmal nicht änderten, hat man die Abstinenz dezent wieder abgeschwächt – wenn auch nicht wirklich viel. Eine Geschichte, die denn auch offenbar noch nicht zu Ende ist … (loe.).