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Die Werkstatt für Bildhauer*innen
Quelle: Jan Maruhn • CC BY-SA 4.0 (s.u.)©

Blaupause Kultur | Berlin II

Ohne Moos was los machen

Sharing im Kulturwerk des Berliner bbk

Es ist das klassische Problem vieler junger Künstler*innen: Den Abschluss der Kunstakademie in der Tasche, den Kopf voller Pläne und Ideen – aber eben noch kein Geld für Werkzeuge, Maschinen oder gar einen eigenen Raum. Druckgrafiker*innen etwa fehlen die Druckpressen, Bildhauer*innen die Maschinen zur Holz- oder Metallverarbeitung, Keramiker*innen die Brennöfen. Nicht anders bei Medienkünstler*innen. Auch die Spezialsoftware für die Postproduktion von Videos kann ziemlich teuer sein … Doch warum kaufen, wenn man auch teilen kann? Bereits seit Jahrzehnten betreibt das Kulturwerk des bbk berlin sein Modell der Shared Resources. Der bbk, der Berufsverband Bildender Künstler*innen, ist in erster Linie eine der prominentesten politischen Interessenvertretungen für Bildende Künstler*innen in Deutschland. Doch nicht nur auf dem politischen Parkett beweist der Verband Geschick, sondern in Berlin auch in der direkten Schaffung von Arbeitsbedingungen für Künstler*innen. Das Kulturwerk des Berliner bbk umfasst neben Atelierförderung und dem Büro für Kunst im öffentlichen Raum auch eigene öffentlich geförderte Werkstätten.

Die 1975 gegründete Druckwerkstatt liegt am Mariannenplatz in Kreuzberg in unmittelbarer Nachbarschaft zum Künstlerhaus Bethanien, an dem internationale Gastkünstler*innen residieren und regelmäßig neue »Shooting Stars« der Szene ihre Werke zeigen. Die Druckwerkstatt ist für alle Sparten der grafischen Künste ausgestattet: klassische Techniken wie Radierung, Lithografie oder Siebdruck werden erweitert durch den digitalen Offset. Auch Papierschöpfen und Buchbinden sind in der Werkstatt möglich. Die Tagespauschale zur Nutzung der Werkstatt beträgt je nach Technik circa 10 Euro, jeder Druckgang kostet zwischen 30 Cent und einem Euro. Nicht weit entfernt liegt im Bezirk Wedding die Bildhauerwerkstatt mit ihren 3.600 Quadratmetern. Deren Halle hat eine Höhe von 12 Metern und bietet alles, um in Metall, Holz, Stein, Gips, Kunststoff und Keramik zu arbeiten. Auch ein 3D-Laser-Scanner-System existiert. Die Preise zur Nutzung sind ähnlich wie in der Druckwerkstatt. Die Medienwerkstatt schließlich liegt wiederum im Kunstquartier Bethanien und bietet Infrastruktur und Sachkenntnis zur Realisation von Kunstvideos, Medieninstallationen und interaktiver Kunst. Für die Postproduktion stehen verschiedene Rechner und die Software zur Verfügung. Die Werkstatt umfasst auch noch einen 100 Quadratmeter großen Multifunktionsraum für die Realisierung von Medieninstallationen, Performances und apparativen Werken. Die Tagespauschale inklusive Versicherung beträgt hier zwischen 20 und 35 Euro – sogar eine vergünstigte Wochenpauschale wird angeboten.

Die niedrigen Nutzungskosten bieten Raum zur künstlerischen Entwicklung. Doch die Künstler*innen profitieren doppelt, denn niedrige Produktionskosten bedeuten auch, dass die Gewinnmarge, die Künstler*innen beim Verkauf der Werke erzielen, höher ausfällt. Die Werkstätten sind zudem mit künstlerisch qualifiziertem Personal ausgestattet, das den Künstler*innen mit Rat und Tat zur Seite steht. So können Werke von hoher künstlerischer Qualität entstehen. Gearbeitet wird mit dem »First come, first served-Modell«, und dies auch ganz bewusst. Man weigere sich, Nutzer*innen zu »kuratieren« und ihre Projekte nach ​irgendwelchen Qualitätskriterien zu bewerten. Bernhard Kotowski, der das Kulturwerks seit 1999 leitet, weiß, dass es kaum einen Beruf gibt, in dem von Expert*innenjuries und Gremien soviel über den Kopf der Profis hinweg entschieden wird. Auf die Arbeit der Kulturwerkstatt ist er stolz: »Wir versuchen Bedingungen herzustellen, in denen es jeder/m Künstler*in möglich ist, Kunst zu produzieren – auch denen, die eben nicht über besonders viel Geld verfügen«. Und das sind bekanntlich nicht nur die Jüngeren in der Branche … (lkr.).