Fotografien können dann besonders spannend sein, wenn sie es schaffen, Geschichten zu erzählen. Im Idealfall, ohne dass jemand anderes etwas dazu erzählen muss. Letzteres klappt nicht immer. In der Fotografie gibt es zudem das Tilt-Shift-Objektiv, das es ermöglicht, Dinge innerhalb eines Bildes auch einmal etwas anders zu sehen. Mit der Möglichkeit, mit einem etwas anderen Bild Geschichten zu erzählen, spielen die diesjährigen Darmstädter Tage der Fotografie. Besonders spannend ist dies bei dem Langzeitfotoprojekt Sharbendu Des, der über sieben Jahre lang die Lisu im abgelegenen Norden Indiens beobachtete. Menschen fernab der Urbanität, mitten im Wald, eng verbunden mit der Natur und mit alten Mythen. Ein anderes Leben, das er versucht hat, in verschiedenen Ebenen im Bild einzufangen. Und das zugleich ein Plädoyer ist, anders mit der Natur umzugehen und mit ihr zu leben.
»Imagined Homeland« von Sharbendu De ist eine von vielen Arbeiten mit mehreren Ebenen. Andere Fotograf*innen begaben sich in Kriegsgebiete wie Syrien, um dort dem Alltag nachzuspüren. Wieder andere fotografierten einen Messbecher mit Wasser, der statt der Literangaben die Namen von Städten wie Amsterdam oder einigen vom Untergang bedrohten Pazifikinseln an den Messstrichen zeigt. Oder sie experimentierten mit Techniken wie der Cyanotypie (mehr dazu in der Ausstellung), um die Grenzen zwischen Fiktion und Realität auszuleuchten. Wieder andere schließlich hinterfragten die Soziologie des Gruppenfotos – indem sie nicht (nur) fotografierten, sondern vielmehr das entstehende Setting in seinen vielen sozialen und (zwischen-) menschlichen Interaktionen filmten. So zieht sich ein Reigen über viele Geschichten und Aber-Geschichten sowie über rund zwei Dutzend Orte und rund 50 Künstler*innen, die fotografierten oder mit Fotografien oder mit Fotografierten oder mit Fotografiertem arbeiteten. So oder so – es gibt viel zu entdecken in Darmstadt in diesen Tagen … (vss.).