»Mehr Frauen in die Kunstmuseen«, forderte die feministische Kunstbewegung schon Anfang der 1970er Jahre. Seit einigen Jahren folgen Ausstellungshäuser nun endlich vermehrt diesem Ruf. In diesem Jahr sind gleich in mehreren Häusern der Region einige herausragende künstlerische Positionen dazu zu sehen, darunter einige viel versprechende Einzelausstellungen. Zwei, drei interessante Gruppenausstellungen versprechen zudem regionale Positionen.
Das Hessische Landesmuseum in Darmstadt ehrt 2025 eine ganz große Fotokünstlerin: Candida Höfer gilt als eine der renommiertesten deutschen Fotografinnen. Bekannt wurde die Schülerin von Bernd und Hilla Becher durch ihre präzise komponierten Aufnahmen von Innenräumen öffentlicher Gebäude. Als Betrachter*in möchte man regelrecht eintauchen in die großformatigen Aufnahmen von ungewöhnlichen Räumen, die Höfer in Bibliotheken, in Konzerthäusern oder in Theatersälen vorfindet und deren Struktur die Fotografin immer wieder faszinierend freilegt, um ein Gefühl von Zeitlosigkeit entstehen zu lassen. Doch nicht nur einen Überblick über Candida Höfers bekannte Fotoserien möchte das Landesmuseum in seiner Ausstellung ab Mai geben. In unmittelbarer Nachbarschaft zum »Block Beuys« werden zugleich auch neuere Fotoarbeiten zu sehen sein, eine Beschäftigung der Künstlerin mit Alltagsgegenständen, genauer mit provisorischen Beleuchtungskörpern.
»Spot an«, könnte man zur Candida-Höfer-Schau sagen. Und diesen sogleich auch auf eine zweite Gegenwartskünstlerin in Darmstadt richten: Nevin Aladağ, die bei Olaf Metzel an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert hat, wurde durch ihre wunderbaren Klang- und Soundarbeiten international bekannt. Für ihre Einzelausstellung auf der Mathildenhöhe lässt die Performance- und Installationskünstlerin ab Juni eine ortsspezifische Installation entstehen, welche erneut die Grenzen von Gattungen, Körpern und Raum auslotet – ein Zusammenspiel von bildender Kunst, Musik und Performance. Auch in Frankfurt lässt in diesem Jahr eine Ausstellung aufhorchen: Seit März widmet die Liebieghaus Skulpturensammlung der Bildhauerin Isa Genzken eine Einzelausstellung. Frech, unangepasst und ästhetisch unverwechselbar, so könnte man das Werk dieser Ausnahmekünstlerin beschreiben. Immerhin: Sie gilt vielen gar als einflussreichste deutsche Gegenwartskünstlerin. Collagen und Skulpturen der Berlinerin rütteln ab dem Frühjahr die Skulpturensammlung im Liebieghaus auf. Ein ohne Zweifel spannendes Kontrastprogramm.
Gleich zwei bedeutenden Gegenwartskünstlerinnen gibt in diesem Jahr das benachbarte Städel Raum. Jene eindringlichen Porträts von Kindern und Jugendlichen, die Rineke Dijkstra mit analoger Kamera an Stränden aufgenommen hatte, vermittelten einst das Teenager-Lebensgefühl der 90er-Jahre. Ihre »Beach Porträt«-Serie ist noch bis Mai zu sehen. Auch eine weitere Ankündigung überrascht positiv: Wiederum das Städel widmet ab Mai der in Darmstadt lebenden und arbeitenden Künstlerin Annegret Soltau eine Überblicksausstellung. Diese museale Aufarbeitung der Vorreiterin feministischer Fotografie und Body-Art seit den 1970er Jahren ist ein erster wichtiger Schritt, damit Künstlerinnen nicht wie in der Vergangenheit oft einfach aus dem Blickfeld geraten und vergessen werden. 80 Arbeiten der Collagekünstlerin dokumentieren im Städel Soltaus einzelne Schaffensphasen. Feminismus, Körperpolitik und Fragen nach weiblicher Identität sind bis heute zentrale Themen in ihrem Werk. Die Künstlerin hat damit auch eine ganz eigene Bildsprache geprägt.
Zum Abschluss noch zwei Tipps zu ausgewählten regionalen Positionen, nicht nur von Frauen. In Hofheim verfügt das Landratsamt des Main-Taunus-Kreises über eine beachtliche Sammlung heimischer Künstler*innen, deren Werke bis in die 50er Jahre des Aufbruchs der Kunst in der jungen Bundesrepublik zurückreichen. In zwei Ausstellungen in Hofheim selbst und Ende des Jahres in Bad Soden spürt diese Sammlung 2025 diesem Aufbruch mit seinem Schwerpunkt auf abstrakte Kunst nach, sowohl mit Werken älterer als auch jüngerer Künstler*innen aus der Region. Der aktuelle Kunstnachwuchs der Region hat ab Mai wiederum in Frankfurt die Nase vorn. Die Gruppenausstellung »And this is Us 2025 – Junge Kunst aus Frankfurt und der Rhein-Main-Region« lässt einen noch frischen Blick auf zeitgenössische Positionen erwarten. Junge Künstler*innen der Städelschule, der HfG Offenbach und erstmals auch der Kunsthochschule Mainz wollen an der alle zwei Jahre im Frankfurter Kunstverein stattfindenden Schau auch 2025 Schwingungen und Stimmungen der neuen Generation unmittelbar sichtbar machen … (HoP).