17 Jahre seines Lebens verbringt ein Flüchtling im Durchschnitt in (s)einem Lager. Und gleich noch einmal die selbe Zahl. Diesmal nur mit sechs Nullen dazu. Über 17.000.000 Menschen (manche Schätzungen reichen bis 20.000.000) leben heute weltweit in einem Flüchtlingslager. »Refugistan«, dieses merkwürdige »Land der Unerwünschten«, ist dabei längst ein eigener Staat mittlerer Größe geworden, nach »Einwohnern« etwa auf Platz 65 der Welt. Irgendwo zwischen den Niederlanden, Chile, Mali – und Syrien, das es makabererweise aber wohl bereits überholt haben dürfte. Und noch eine Zahl. Und wieder spielt die »7« eine Rolle. Knapp 70 Millionen Menschen sind weltweit überhaupt auf der Flucht – viele davon, ohne wenigstens in einem Lager eine Art Heimat gefunden zu haben …
Besonders erschreckend ist die Institutionalisierung der Flucht, die in den letzten Jahren dramatische Ausmaße angenommen hat. Ob in Kutupalong in Bangladesh, dem derzeit weltweit größten Lager mit rund 600.000 Flüchtlingen aus Myanmar, in Dabaab in Kenia, dem wohl größten Lager Afrikas am Horn von Afrika mit mittlerweile rund 350.000 »Einwohnern«, im jordanischen Camp Az-Zaatari, in das der Syrienkrieg zeitweise bis zu 150.000 Menschen (derzeit rund 80.000) gespült hatte, oder im traurig berühmten Idomeni an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien, das zum Symbol (gescheiterter) europäischer Flüchtlingspolitik wurde. Weltweit leben immer mehr Menschen in Lagern, die für diese Geflohenen und nicht selten doppelt Unerwünschten zur neuen Heimat geworden sind. Orte, welche die französische Journalistin Anne Poiret schon 2015 in einer Arte-Reportage »nicht Stadt und nicht Gefängnis« nannte, die aber doch von beidem etwas sind. Erst Orte der Zuflucht. Dann Orte des Aufbruchs, von dem man nicht weiß, wann und wohin er stattfindet. Oder ob überhaupt. Nicht selten nämlich werden diese Orte auch eine endgültige Heimat für viele dieser Menschen. Und obwohl sie dabei immer mehr Städten gleichen, sind diese Orte doch zugleich auch Gefängnisse. Und dramatische Denkmäler für gescheiterte Politik(en) … (vss.).