Neue Sichtweisen. Neue Begegnungen. Mit Ausschnitten aus Santuary & Rimini Protokoll
Quelle: Kerstin Behrendt, Daniel Ammann, Barbara Walzer©

Art(s)21 | Stadt + Migration

Dem/den Neuen begegnen

Das Neue mit neuen Formen aufarbeiten

Seit dem »Sommer der Migration« gibt es sie: die Flüchtlinge und Geflüchteten mitten unter uns. Und mit ihnen die zahllosen einzelnen Begegnungen aller Art im Alltag, manches Mal eine echte Konfrontation, manches Mal aber auch einfach eine Begegnung mit vielem Neuen. Wir erzählen darüber Geschichten, wir bekommen dadurch Inspiration oder wir erfahren Irritation. Künstlerinnen und Künstlern aus vielen Teilen der Welt geht es ebenso. Und sie setzen sich mit ihren Mitteln mit diesen Themen Flucht und Migration, aber auch mit Konsequenzen wie Stadtentwicklung und aktivem Stadtumbau auseinander. Und entwickeln dabei nicht selten neue Formen, Spielarten und Erzählweisen. Nicht selten auch inspiriert von diesen »neuen« Menschen mitten unter ihnen.

»Displacements« im Frankfurter Mousonturm war fast drei Wochen lang ein Ort für solche neuen Formen, Sicht- und Erzählweisen. Besonders auffällig: Die Theaterstücke und Performances von und mit Künstlern und Künstlerinnen aus aller Welt verzichteten fast ausnahmslos auf Grenzen und Barrieren. Bühnen, Kulissen, Darsteller und vor allem das Publikum vermischten sich und begegneten sich fast immer sehr direkt. In der Hör-Bild-Performance »Stadt (Land Fluss)« von Hannes Seidl und Daniel Kötter wandeln die Besucher selbst durch das Stück, können sich sogar jeder quasi das eigene Stück zusammenstellen, sich mit eigens produzierten Kopfhörern selbst auf die Reise machen, einen Platz in der Stadt zu finden. In dem rituellen und dokumentarischen Parcours »Sanctuary« des Südafrikaners Brett Bailey gehen die Besucher im 5-Minuten-Takt in kleinen Gruppen durch Gänge aus Nato-Draht und begegnen in »Tableaux vivants« Bildern von geflüchteten Menschen in unterschiedlichen Situationen. Und diese blicken den Besucher wiederum an – in die Augen, unausweichlich. Es geht um Verzweiflung, Angst – oder auch Sicherheit. Der Wahrnehmung von Europa. Mit »Evros Walk Water«, einem Cage-Re-Enactment, hat Daniel Wetzel (Rimini Protokoll) schließlich mit geflüchteten Jungen ein Bühnenbild und ein Hörstück erarbeitet, die von den Besuchern nun be- und gespielt werden (müssen). Drei Beispiele neuer Welten und anderer Erzählungen, die sich mit »den Neuen« in unserer Welt auftun. – eine spannende Schnittstelle zwischen (neuem) urbanem Leben und (neuer) urbaner Kunst … (loe.)