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Vermummt im Stadtraum - Probte der Mousonturm schon vor Jahren das Post-Corona-Theater ?
Quelle: Mousonturm©

Krise (in den Griff) kriegen [1]

Eins-zu-eins-Theater ?

Das Theater mit und nach Corona

Kulturlandschaft und Kulturschaffende sind von der Corona-Krise schwer getroffen worden. Auf Urban shorts beschreiben Kulturschaffende, womit sie in diesen Wochen die Krise kriegen – und in den Griff kriegen. Den Anfang macht Theaterregisseur Jan Deck mit dem Blick auf das (Post-) Corona-Theater. Über Monologe und Audio Walks, Abstände auf der Bühne und Masken im Publikum. 

[> Beitrag auf eigener Seite lesen] Für viele freie Theaterhäuser und Ensembles hat der Corona-Shutdown existenzielle Folgen. Anders als Ausstellungen, die man sich auch nach und nach einzeln anschauen kann, lassen sich Theaterstücke nicht für jeden einzeln spielen – zumindest nicht profitabel. Umso mehr drängt die Frage, wann und vor allem wie auch wir künftig wieder werden spielen können? Mit dem einfachen Beschluss, Theater wieder öffnen zu lassen, ist es da nur bedingt getan. Große Häuser wie die Staatstheater mit viel Raum im Publikum und auf der Bühne haben da zwar Möglichkeiten. Und beginnen teilweise auch langsam wieder mit ersten Experimenten. Doch es sind vorerst Experimente. Die Bundesregierung hat Großveranstaltungen bis Ende August weiter untersagt. Darüber aber, was eine Großveranstaltung ist, scheiden sich die Geister. In Schleswig-Holstein liegt die Grenze bei 1.000 Zuschauer*innen. In Hessen gilt die Richtzahl 100, auf Antrag auch mehr. Da stellt sich schnell die Frage nach der Profitabilität und/oder die, wie und wie schnell gegebenenfalls Ausnahmegenehmigungen erteilt werden …

Besonders schwierig ist die Situation für die kleineren, oft alten und beengten Häuser. Nüchtern betrachtet, ist kaum zu erwarten, dass viele dieser Theater vor dem Sommer wieder richtig werden hochfahren können (Von Experimenten auch hier abgesehen). Zum einen sind sie wenig vorbereitet, hieß es doch bei Theatern zuletzt immer, dass vor der Sommerpause nichts mehr gehen würde. Zum anderen ist die Logistik drumherum eine größere Herausforderung als bei Ausstellungen. Die Theater in Frankfurt haben sich kürzlich darauf verständigt, gemeinsam zu überlegen, unter welchen Bedingungen man realistischerweise wieder öffnen könne. Und dabei viele offene Fragen ausgemacht. Eine Arbeitsgruppe arbeitet Vorschläge aus. So scheint es sinnvoll, eigene Ideen direkt mit dem Gesundheitsamt abzustimmen, um selbst auch valide Vorschläge für die Politik zu haben. Es werden nämlich Schutzmaßnahmen nötig sein. Eine wichtige Rolle dürfte eine Masken-Pflicht einnehmen. Dennoch wird man um mehr Distanz zwischen den Zuschauer*innen nicht umhin kommen. Zudem werden getrennte Ein- und Ausgänge nötig sein, Kassen-Strukturen müssen verändert, verstärkt Möglichkeiten zum Online-Ticketing geschaffen werden, über die Nutzung der Toiletten muss nachgedacht werden. Die (oft beengte) Theater-Gastronomie wird vielfach geschlossen bleiben, vielleicht kann man Zuschauer*innen an ihren Plätzen mit Getränken versorgen. Am Ende wird man mehr Personal benötigen – bei weniger Zuschauer*innen. Viel Theater für uns Theatermacher*innen. Es braucht Zeit. Und wohl auch einen Solidaritätszuschlag auf den Eintritt. Allerdings besteht Hoffnung, dass der Aufwand durch diverse Förderprogramme von Bund und Ländern abgefedert werden kann …

Überhaupt: Solidarität wird in jeder Hinsicht wichtig. Nicht nur jetzt, sondern gerade auch in der Zukunft. Denn möglicherweise gibt es kleine Theater, die aufgrund räumlicher Beschränkungen unter diesen Umständen überhaupt nicht öffnen können. Weil sie dann selbst beim besten Willen nur zehn Leute im Stück unterbringen würden. Hier wird auch Phantasie gefragt sein. So könnten größere Häuser die Produktion dieser Theater bis zur Zeit nach der Pandemie »huckepack« nehmen. Oder wenig genutzte städtische Räume könnten für Theater geöffnet werden, beispielsweise in Frankfurt das Zoo-Gesellschaftshaus, das ja ohnehin zukünftig für Kinder- und Jugendtheater genutzt werden soll. Wichtig wird aber auch sein, sich Gedanken zu machen, wie auf der Bühne selbst Sicherheit auch für die Künstler*innen garantiert werden kann. Natürlich ist das schwierig, schließlich ist Sprechtheater mit Maske genauso unbefriedigend wie Tanzperformance mit Abstands-Regel. Hier wird noch viel nachgedacht werden müssen, um künstlerische Kraft und Freiheit mit dem Schutz der Gesundheit in Einklang zu bringen. Doch vielleicht müssen auch wir Theatermacher*innen umdenken. Etwa mehr Formate produzieren, die einfach »Corona-affin« sind: Audio Walks, Monologe, Performances im öffentlichen Raum – also alles, bei dem Zuschauer wenigen oder gar keinen Akteuren in möglichst großen Räumen zusehen. Allerdings werden dies auch oft wenige Zuschauer*innen sein. Davon können die meisten Theater aber nicht (über-) leben. Man wird also das eine und das andere brauchen. Was man allerdings im Moment am wenigsten braucht, sind »Schnellschüsse«. Mit Blick auf Proben, Infrastruktur und Rechtssicherheit wäre es ohnehin wohl am besten, besser gleich bis zur neuen Spielzeit August/September zu warten – zumal der Sommer ohnehin keine Theaterzeit ist; zumindest nicht indoor …