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Kirche oder Fort Knox? Claude Parent / Paul Virilio: Sainte-Bernadette du Banlay in Nevers (Frankreich)
Quelle: Bruno Bellec 2008 / DAM©

Ausstellung + Essay

Brutal (oder) schön?

DAM | »Rettet die Betonmonster«

Am Anfang steht eigentlich ein Wortspiel. »SOSBrutalismus« heißt die Ausstellung. Benannt nach dem gleichnamigen Baustil der 50er bis 70er Jahre, der seinerseits von »béton brut« hergeleitet ist. Das ist zwar zuerst einmal das französische Wort für »Sichtbeton« und zelebriert quasi den Stil jener puren, scheinbar nackten Betonbauten. Doch es korrespondiert natürlich auch mit dem Wort »brutal«, der rohen und für viele Betrachter hässlichen Facette dieser Bauten, die vor allem in den späteren Bauten zum Tragen kam. Und dem Grund, warum viele der Gebäude bereits aus unseren Städten weichen mussten oder aktuell von der Abrissbirne bedroht sind. Nicht selten zu Unrecht, meinen die Ausstellungsmacher, und machten sich an eine Neudefinition und Neubewertung des Brutalismus’, inklusive dem daraus abgeleiteten Aufruf »Rettet die Betonmonster«. Eine Ausstellung, die zugleich ein Anstoß zu einer Debatte wie auch – wohl wider alles Erwarten – eine faszinierende ästhetische Inszenierung ist. Und die an der einen oder anderen Stelle auch deutlich macht, dass es nicht selten auch ökonomisch und ökologisch sinnvoller sein könnte, die Bauten stehen zu lassen und neue Nutzungen für sie zu finden. Parallel zur Ausstellung, die 2017/2018 in Frankfurt und in Wien zu sehen ist, gibt es das Internetportal »SOSBrutalismus«, das mittlerweile über 1000 dieser widersprüchlichen Bauten in aller Welt dokumentiert und zu ihrer Erhaltung aufruft – sofern sie überhaupt noch stehen … Urban shorts begleitet die Ausstellung mit einem kleinen Auszug aus dieser Internetpräsenz: »Brutal schön – Beispiele des Brutalismus« und mit dem Essay »Brutalismus neu entdecken« des Kurators Oliver Elser, in dem er eine neue Definition und einen eigenen Stellenwert für die Architektur des Brutalismus anstrebt … (vss.).