Orte der Kunst

Ein Kommentar

Resümierend lässt sich feststellen, dass Frankfurt in
den letzten drei Jahrzehnten eine wachsende un-
abhängige Kunstszene hervorgebracht hat, die sich
parallel zu der Dominanz der kommerziellen Gale-
rien, des Kunstmarktes und der Museumslandschaft
positioniert. Im Gegensatz zu Berlin, deren lebendi-
ge und vielfältige Kunstszene insbesondere geprägt
durch unabhängige Künstlerinitiativen, von Künstlern
betriebenen Produzentenräumen und Ateliergemein-
schaften, die von der Stadtregierung besonders geför-
dert werden, haben unabhängige Kunstinitiativen in
Frankfurt am Main immer noch mit vielen Herausfor-
derungen zu kämpfen. Es gibt eine große Diskrepanz
zwischen der institutionellen Förderung etablierter
Kultureinrichtungen für Bildende Kunst und der im
Vergleich geringschätzigen Förderung zeitgenös-
sischer künstlerischer Initiativen. Es fehlt weiterhin
an einem Bewusstsein der Stadtverordneten und
anderer Entscheidungsträger für eine angemesse-
ne öffentliche Förderung der Freien Szene, um eine
vielfältige und dynamische Kunstlandschaft zu ent-
wickeln. Es geht schließlich darum – wie Stefan Beck
bereits Anfang der 1990er Jahre formulierte – ein
neues Verständnis von Kunst zu entwickeln und zu
unterstützen, basierend auf Teilhabe und kollaborati-
ven Praktiken, um einen alternativen Raum für Pro-
jekte und Handlungsfelder abseits von Galerien und
Institutionen anzubieten. Dabei ist die Stimme und
die Sichtbarkeit von Künstler*innen in Frankfurt ver-
bessern und die Definition von Kunst nicht Kritikern,
Kuratoren oder Kulturpolitikern zu überlassen. Das seit

2009 bestehende Netzwerk Berliner Projekträume,
ein Zusammenschluss dieser unabhängigen, nicht-
institutionellen Ausstellungsorte, ein fester Bestand-
teil der dortigen Kunstszene und eingebunden in die
Fördermittelvergabe des Landes Berlin für die Freie
Szene, hat noch kein Äquivalent in Frankfurt. Hoffent-
lich wurde mit dem Kick-off Meeting von »Artist Run
Frankfurt« im September 2022 ein weiterer Schritt für
eine nachhaltige Entwicklung gesetzt.

Urban21 | Stadt - Land - Flucht

Wildschweine und letzte Dorfkrämer

Was: Verstädterung und Landflucht in Deutschland

Deutschlands Dörfer schrumpfen, Deutschlands Städte wachsen. 85 Prozent der Menschen leben “hier zu Lande” bereits in Städten. Mit ihnen aber verändern sich sowohl diese Städte als auch das flache Land. Urban Shorts-Reporter haben sich in den Metropolen umgesehen. Sie erlebten Spontanpartys gegen Mietwucher in Hamburg, besuchten neue urbane Kreativzentren in Frankfurt und trafen den Wildtierbeauftragten in Berlin und einige der mittlerweile 5.000 Wildschweine in den Randgebieten der Stadt. Eine Landpartie unternahm derweilen Christiane Florin, die sich die Dörfer in Niedersachsen ansah – und viel guten Willen, aber immer weniger Menschen entdeckte. Sie berichtet von leerstehenden Häusern und alten Leuten. Und vom letzten Dorfkrämer, der nur noch ein paar Stunden in der Woche im Laden steht und sonst nur auf Klingeln an seiner Wohnungstür reagiert. Aber auch von Menschen, die sich dagegen stemmen mit Aktionen wie “Haus sucht Bauer”. Beide Reportagen geben einen tiefen Einblick in das zunehmend zu “Deutsch-Stadt” werdende Deutsch-Land (red./flo.).

Blaupause Kultur | Norwegen

Eine Allianz fürs Leben

Oslo fördert Künstler*innen Jahrzehnte

Skål! Die Gläser klingen. Der Toast gilt dem norwegischen Maler Kenneth
Varpe. Er hat ein vom norwegischen Staat finanziertes Stipendium erhalten. Der flachsblonde Mann mit den hellen Augenbrauen und dem gewinnenden
Lächeln strahlt. »Das Stipendium macht mich frei«, sagt Varpe. »Es ist nun schon mein zwölftes Jahresstipendium in Folge. Mein erstes erhielt ich 2012. Seitdem kann ich mich voll und ganz auf die Weiterentwicklung meiner Kunst konzentrieren. Die langfristige Künstler*innenförderung hier in Norwegen hat mir ermöglicht, meine Malerei konzeptuell und technisch konsequent weiterzuentwickeln – ohne dass meine Kunst instrumentalisiert wird.« Bereits seit 2006 muss Varpe keiner fachfremden Tätigkeit mehr nachgehen, um als Künstler überleben zu können. Durch frühere und die mittlerweile regelmäßigen Stipendien ist er nicht allein auf den Verkauf seiner Werke angewiesen. Das meint er auch, wenn er von »Instrumentalisierung« spricht – nämlich, dass ein Künstler sich nach einem Markt richten müsse. Varpe müsse dies nicht. Und dies komme seiner Kunst zu Gute. So habe er über einen langen Zeitraum Malerei immer wieder neu denken können. Varpe beschäftigt sich mit der Substanz, aus der Kunst besteht: eine politische, philosophische, aber aus seiner Sicht auch eine ganz praktische Frage. Daher macht er künstlerische Materialien zum Motiv seiner Bilder. Angefangen hat er mit Malerband, Ton und Gips als Motiven. In den letzten Jahren wurde seine Malerei zunehmend bunt, es geht um die Materialität von Farbe. Großformatige, abstrakte Malereien, deren Thema üppige, pastose Farben sind. Man merkt, dass Varpe in der Tat offenbar weniger nachdenken muss, wie (verkäuflich) seine Kunst ankommt.

Norwegen – ein Land, dass durch seine Ölvorkommen vor der Küste eine gewisse Sonderstellung in Europa einnimmt und zu den reichsten des Kontinents zählt – geht einen recht eigenen Weg bei der Förderung von Kunst. Mehr als andere Länder sichert es seine Künstler*innen ab, vor allem mit zahlreichen Stipendien mit bis zu zehn Jahren Förderdauer. Ziel der staatlichen Stipendien ist ein garantiertes Einkommen für Künstler*innen, um ihnen wirtschaftliche Sicherheit zu geben, ihre künstlerische Tätigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg zu entwickeln. Vergeben werden die Stipendien von verschiedenen Organisationen. Die Höhe der staatlich geförderten Gelder variiert je nach der Organisation. Am höchsten dotiert sind die Stipendien des Kulturrådet. Sie entsprechen etwa 50 % des durchschnittlichen Einkommens in Norwegen. Die anderen Vergabe-Organisationen orientieren sich zumindest an diesem Wert. Die staatlichen Stipendien gibt es für unterschiedliche Förderzeiträume. Es gibt Stipendien über ein, zwei oder drei Jahre, aber auch Fünf- oder gar Zehn-Jahres-Förderungen. Die Stipendien sind dazu gedacht, gezielt verschiedene Karrierephasen von Künstler*innen zu unterstützen. Absolvent*innen können kürzere Laufzeiten beantragen, erfahrenere Künstler*innen erhalten
oft Planungssicherheit durch langfristige Förderungen über fünf oder zehn Jahre. Nach Ablauf können sich Künstler*innen ohne Sperrfrist direkt erneut auf ein Stipendium in der gleichen Laufzeit bewerben. So kann die gesamte Künstler*innenkarriere unterstützen werden.​

In dieser Förderlogik haben Bildende Künstler*innen im Verlauf ihrer Karriere insgesamt zwei Mal Anspruch auf ein 10-Jahres-Stipendium, erweitert gilt ab dem 56. Lebensjahr ein spezielles Stipendium für erfahrene Künstler. Dieses Stipendium können Künstler*innen jährlich bis zum Renteneintrittsalter von 67 Jahre erhalten. Die Förderquote für staatliche Stipendien liegt in Norwegen bei etwa 10 Prozent. Soll heißen: etwa jeder zehnte Antrag wird angenommen. Über das Vergabeverfahren der norwegischen Stipendien berichtet Varpe, dass die Entscheidungen auf der Grundlage von künstlerischer Qualität und Aktivität getroffen werden. Werkproduktion und Ausstellungstätigkeit können ein Kriterium sein, aber Recherchen, künstlerische Prozesse, Experimente und das Aneignen neuer Techniken gelten in gleichem Massen als förderungswürdig. Von den Auswahlgremien, die von Kunstschaffenden besetzt werden, wird eine möglichst vielfältige Zusammensetzung angestrebt: nach Alter, künstlerischem Ausdruck und geografischer Zugehörigkeit innerhalb Norwegens. Das Gremium selbst wird auf zwei Jahre. Varpe nennt die Vorzüge des norwegischen Modells. Für ihn sei die breite und offene Künstler*innen-Förderung eine Investition in die Zukunft des Landes. Künstlerische Experimente und Künstler*innenkarrieren zu fördern, läge für ihn im Interesse der Allgemeinheit und müsse daher von der öffentlichen Hand unterstützt werden. Kunstförderung unter den Prinzipien von Wettbewerb und Exzellenz lehnt er ab. »In dieser Förderlogik gibt es meist nur Raum für das, was ohnehin bereits Aufmerksamkeit hat. Neues kann so gar nicht erst entstehen«, sagt er. Und ergänzt: »Klar, der Impact einer solchen Kunstförderung ist ökonomisch nur schwer zu überprüfen, da Experimente auch scheitern können. Aber wer kann die Welt von morgen vorhersehen? Keiner! Daher dürfen nicht nur Bereiche und Themen unterstützt werden, die bereits erfolgreich sind …« (lkr.).

Orte der Kunst III

Die Neuzeit ab der Jahrtausendwende

Eine Sonderstellung nehmen die folgenden vier Kunstorte ein. Das AtelierFrankfurt, 2004 auf unabhängige Initiative eines Architekten im ehemaligen Polizeipräsidium eingerichtet, ist es Frankfurts erstes Atelierhaus mit 40 Studios und Veranstaltungsräumen. Geleitet von Corinna Bimboese, bespielt das Atelierhaus seit 2014 insgesamt 11.000 Quadratmeter im Frankfurter Ostend, mit 140 Ateliers und mehreren Projekt- und Ausstellungsräumen. Träger sind bei allen vier Kunstorten gemeinnützige Vereine, allerdings agiert die Produktions- und Ausstellungsplattform basis als weiteres Atelierhaus durch die Organisation des städtischen Artist-in-residency-Programms semi-institutionell. Es positioniert sich durch die Vermittlung künstlerischer Inhalte und die Befragung der Rolle der Kunst in der Gesellschaft. Die Klosterpresse, eine 1967 gegründete interdisziplinäre Künstler- und Druckwerkstatt, ehemals im Karmeliterkloster beheimatet,
wird institutionell gefördert, ebenso die Ausstellungshalle 1A, in einer ehemaligen Wäscherei, von Dr. Robert Bock.

Unter den von Künstler*innen betriebenen Projekträumen, die schon länger bestehen und bis heute Bestand haben, sind die 1996 von Richard Köhler ins
Leben gerufene Galerie Zement, die Freitagsküche von Thomas Friemel & Michael Riedel – seit 2004 der beste Ort für ein Abendessen unter Künstlern, stilvollen und trendigen Menschen, der 2007 von den Künstlern Mirek Macke und Anja Czioska gegründete Kunstverein Familie Montez, seit 2008 der saasfee* Ausstellungspavillon des Künstlerkollektivs um Alex Oppermann und Moni Friebe und der seit 2013 von Felix Große-Lohmann betriebene husslehof. In diesem so kontextualisierten Kunstfeld eröffneten 2003 fünf Künstler in einem kleinen Ausstellungsraum im Frankfurter Stadtteil Bornheim unseren Kunstverein EULENGASSE – inzwischen sind es 56 kunstschaffende Mitglieder. Einige von ihnen haben ihre Arbeitsräume im AtelierFrankfurt oder in anderen Atelierhäusern. Viele Künstler*innen der genannten Atelierhäuser waren schon an Ausstellungen in EULENGASSE beteiligt. Zu den meisten der hier genannten Kunstorte gibt es vielfältige persönliche Beziehungen der Mitglieder. EULENGASSE hat in der Vergangenheit gemeinsame Projekte realisiert mit basis Projektraum, AtelierFrankfurt, Klosterpresse, MATO, Zement, Familie Montez u.a. Ein wachsendes, sich selbst erhaltendes Netzwerk.

Neuere Gründungen der Freien Szene sind die seit 2016 die von YRD.Works in Offenbach betriebene Kressmann-Halle, 2017 Atelier Wäscherei in Offen –
bach um die Künstler*innen Carolin Liebl und Nikolas Schmid-Pfähler u.a., 2018 Orbit24 von Eva Weingärtner und DeDe Handon sowie newnow artspace
von Gabriel & Andra Stoian, 2019 gründete sich in Offenbach Mañana Bold als nomadisch ausgerichteter Kunstverein, um gemeinsam mit bereits existierenden Initiativen und Räumen künstlerische Impulse in Offenbach, für das Rhein-Main-Gebiet und darüber hinaus zu setzen. Der 2019 ins Leben gerufene Synnika space um Naomi Rado ist interessiert, Verbindungen
mit Protagonist*innen aus unterschiedlichen Kontexten herzustellen und visuelle Installationen, Workshops, Diskussionen und andere Formate der Zusammenkunft auszurichten, die sich auf die gemeinsame Umwelt beziehen, deren urbane Realitäten einerseits zunehmend für Isolation und Vereinzelung stehen, andererseits auf globaler Ebene immer vergleichbarer werden. Und das sind sicherlich nur einige, nun gibt es nach der Pandemie einige neue Entwicklungen und bestimmt sind uns viele Räume bislang verborgen
geblieben. Hier setzt die von EULENGASSE-Mitgliedern angestoßene Initiative »Artist Run Frankfurt« an: die Vernetzung von bestehenden Projekträumen mit den Zielen einer besseren Sichtbarkeit dieser nicht-Institutionellen Kunstorte in der Kulturszene, einer gegenseitigen Unterstützung bei der Durchführung von Projekten, sowie einer strukturellen Stärkung, um
– gemeinsam mit der Frankfurter Koalition der Freien Szene – kulturpolitische Forderungen nach einer gerechten Fördermittelvergabe und Ausstellungshonoraren eine laute Stimme zu geben.

 

Frankfurts Orte der Kunst II

Die Zwischenjahre

Die wechselhaften 90er Jahre

Dann, gegen Ende der 1990er Jahre entwickelte sich zum ersten Mal eine Organisation der Freien Szene: anhand von »Rundgängen« traten unabhängige Ausstellungsräume und Projekte des Städteduos Frankfurt/Offenbach in einen intensiven Dialog mit Publikum und Kolleg*innen. Organisiert von der gruppe finger um Florian Haas (Frankfurt) und Fahrradhalle um Oliver Raszewski & Thomas Hühsam (Offenbach) fand diese Art von Festival ab 1997 fünf Mal in Folge statt, parallel zur kommerziellen Kunstmesse ART Frankfurt und unterstützt vom Kulturamt der Stadt Frankfurt. Umtriebige Kulturakteure dieser Zeit und vertreten bei
diesen Rundgängen waren – um nur einige namentlich zu nennen – Stefan Beck mit seinem multi.trudi, ein Kunstraum, Offspace und Kunstprojekt, das auf Austausch, Gespräch und Beteiligung basiert (1997-2003). Konstantin Adamopoulos und Natalie de Ligt sind zwei der wenigen Beispiele, denen der nahtlose Übergang vom artist-run in die Welt der Institutionen gelungen ist. Konstantin Adamopoulos war zwischen 1993 bis 2002 freier Kurator und Ausstellungsmacher in Frankfurt und prägte den Begriff »freie Kunstinitiativen«, gleichzeitig war er im Kontext kommerzieller Galerien tätig. Natalie de Ligt wurde Leiterin des Nürnberger Kunstvereins, nachdem sie von 1999 bis 2002 den Ausstellungsraum in der Oppenheimer Str. 34a betrieben hatte, der seit 1992 bis heute in wechselnder Nutzerschaft als Kunstraum besteht.

Von Off zu On: Wenn die Professionalisierung gelingt, dann geht schnell das Flair und die multidimensionale soziale Funktion des Projektraums verloren, so geschehen bei Jürgen Wolfstädter, der zuvor mit seinem OFKunstraum und nachfolgend mit Galerie Wildwechsel dezidierte Räume für Performances bot und seit 2012 eine klassische Galerie betreibt. Das gutleut 15 (1997-2009) musste wegen Eigentümerwechsel des Gebäudes schließen, Michael Wagener fokussierte sich infolgedessen auf seinen kleinen feinen Kunstbuch-Verlag. Oder der finger Ausstellungsraum Alte Mainzer Gasse 4-6, der 1992-2012 durch zwei Künstler dem Eigentümer Kunsthochschule »entliehen« war, und heute fffriedrich wurde, ein Projektraum, der von Studierenden des MA Curatorial Studies der Goethe-Universität Frankfurt zusammen mit den Studierenden der Bildenden Kunst der Städelschule betrieben wird. Ein Merkmal der nichtinstitutionellen Projekträume ist auch heute noch deren zumeist prekäre Situation, sowohl räumlich wie finanziell. Viele der  inspirierenden Initiativen und Orte, deren Phänomen darin besteht nicht gefördert zu werden, sind daher häufig ephemerer Natur. Zu vielen Initiativen, deren Verschwinden nur wenige Jahre her ist, findet sich selbst in dieser digitalen Zeit kaum noch etwas zu ihrer Existenz im Internet. Der für Offenbach wichtige Ausstellungsraum Fahrradhalle, gestartet 1995, schloss 2007 wegen mangelnder Finanzierung und mangelndem Interesse – inzwischen ist auch die Halle abgerissen und das Areal neu bebaut. Standort Atelier / Ausstellungshalle von Joachim Raab und sieben weiteren Künstler*innen 1996-2006 – abgerissen, der auswärts Kunstraum 1999-2002 – keiner weiß, was daraus wurde. MATO, Ateliers und ein Ausstellungsraum, die 2000 in eine Industrieruine einzogen, mussten 2013 das Areal wegen dessen Konversion wieder verlassen (der gemeinnützige Verein besteht jedoch weiterhin und befasst sich mit der Kofinanzierung von Projekten). Es
folgte ein städtisches Atelierhaus mit höheren Mieten und angeschlossen an die lokale Hochschule für Gestaltung. Die letzte Aktivität vom Projektraum Balken, rund 10 Jahre lang betrieben vom Künstler Deniz Alt, stammt aus dem Jahr 2021, aber auch dieses ehemalige Industriegelände wird bald mit Wohnbebauung neu geclustert. Der Bahnhof Mainkur, Kunstraum von 2005 bis 2015, ist wieder Spelunke. Immerhin, das Programm von acht Jahren Kunstraum Schwalbe 54 um Jana Jander ist noch in Facebook abrufbar, letz-
ter Eintrag 2020. Nicht mehr existent sind die feine Wohnzimmer-Galerie und Wochenend-Salon ML44 von Carola Reichel, und viele andere. Eine besondere
Erwähnung: Grxxgs (1991-2006), der unscheinbarste Ausstellungsraum der Stadt: Einladungen, Ankündigen, Vernissagen? Fehlanzeige. Nüchtern und lapidar nur die monatlich wechselnde Installation in diesem kleinen Schaufenster im Frankfurter Nordend. Vom Künstler oder Betreiber gibt es keine Spur. – Doch, wir kennen ihn persönlich: er heißt Heinrich Göbel (er
macht jetzt Fahrradtouren…).

An dieser Stelle ist Stefan Beck für sein seit 1992 bestehendes Blog-Archiv »Thing Frankfurt« (immer noch online!) zu Kunst, Kritik und Neuen Medien zu danken, der dies auch als Netzwerk zur Umgestaltung Frankfurter Kunst bezeichnet. Seine Aufzeichnungen aus der Independent Szene sind eine zeitgeschichtliche Dokumentation höchsten Ranges, hier findet sich eine umfangreiche Charakterisierung vieler Off-Spaces und selbstorganisierten Räume – bis Stefan um 2012 nach Hamburg ging und die hiesigen Aufzeichnungen enden. Ein aktuelles Verzeichnis Frankfurter Projekträume gibt es nicht – noch nicht.