Heba, Wend-Giida, Ayan, Maryam, Helen
Quelle: Sandra Mann©

Fokus: Fünf Frankfurterinnen

Frauen aus dieser Welt

Geschichten von Flucht und Ankommen

Über fünf Millionen Menschen hat Putins Krieg in der Ukraine mittlerweile außer Landes getrieben. Europa erlebt die größte Flüchtlingswelle seit 2015. Doch Krieg ist nicht der einzige Grund, Menschen in die Flucht zu treiben. Weltweit sind gerade weit über 80 Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Manche, weil das Klima sie vor Ort nicht mehr leben lässt. Manche, weil Hunger ihnen ein Überleben unmöglich macht. Manche, weil sie Frauen sind. Seit 2015 haben viele dieser Menschen in Deutschland eine neue, eine zweite Heimat gefunden. Die Frankfurter Fotografin Sandra Mann hat fünf Frauen porträtiert, die seit damals aus fünf Ländern dieser Welt nach Frankfurt gekommen sind. Fünf Frauen aus Syrien, aus Afghanistan, aus Burkina-Faso, aus Eritrea, aus Somalia. Fünf Menschen zwischen den Kulturen, die aus unterschiedlichen Gründen geflohen sind und die in Frankfurt Sicherheit und ein neues Zuhause gefunden haben. Fünf Frauen, mit Kindern, die Fuß fass(t)en. Im schwierigen Umfeld, in Containern, in kleinen Hotelzimmern, in Hochhäusern. Die Theater spielen, Menschen pflegen, Ausbildungen machen (gerne hätte Mann auch mehr Künstlerinnen oder Medienschaffende mit aufgenommen, die sie aber zu Anfang nicht fand für ihr Projekt). Unspektakulär und doch empathisch hat Sandra Mann diese Alltage fotografiert und in ihrem White Room die Frauen sich auch selbst inszenieren lassen. Den Frauen auch in ihrer jeweils eigenen Fotografie Raum zu geben, war der Fotografin dabei besonders wichtig. Ergänzt werden die fünf Fotostrecken dezent durch private Bilder der Protagonistinnen von ihrer Flucht oder aus ihren früheren Leben sowie durch kurze Texte, welche die Frauen selbst geschrieben haben – über sich, über ihre Geschichte, über ihr(e) Leben. Fünf Geschichten, denen die Frauen selbst den Titel »Extreme Veränderung« gegeben haben. Fünf Geschichten, die vom Leben in dieser Welt erzählen. Fünf Geschichten von fünf Frauen, die dabei sind, Frankfurterinnen zu werden und dabei – teils zum ersten Mal – ihr eigenes Leben leben können. Fünf Geschichten, die Urban shorts – Das Metropole Magazin an dieser Stelle eins zu eins so stehen lassen und präsentieren möchte: als kurzen Ausschnitt aus den Leben dieser Frauen und als kurzen Ausschnitt aus einer Porträtreihe, welche die Fotografin gemeinsam mit dem Frauenreferat der Stadt als Buch herausgegeben und 2022 auch als Ausstellung im Frankfurter Haus am Dom präsentiert hatte … (vss.).

Sandra Mann©
Eigentlich könnten sich viele Länder dieser Welt und ihre Bewohner*innen selbst versorgen
Quelle: Bernard Gagnon • CC BY-SA 3.0 (s.u.)©

Flucht hat viele Gründe

Kein Brot aus Erdbeeren

Gastbeitrag von Radwa Khaled-Ibrahim

Der Krieg in der Ukraine geht weit über das Land hinaus. Wenn Russland in seinen Nachbarstaat einmarschiert, hat dies Folgen für die ganze Welt. Für Urban shorts beschreibt Radwa Khaled-Ibrahim von medico international, wie sich der Krieg auf andere Länder auswirkt, Krisen und Missstände verschärft, Menschen aus ihren Ländern treibt. Mit Putins Krieg wird etwa der Hunger in vielen Teilen der Welt zunehmen.

»This will be hell on earth«. Es ist nicht überraschend, was David Beasley, Direktor der UN-Welthungerhilfe, sagt. Die Zahlen sind erschreckend: 276 Millionen Menschen in 81 Länder erleben bereits eine Hungerkrise. 44 Millionen sind nur ein Schritt entfernt von der Hungersnot. Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Ukraine und Russlands machen etwa zwölf Prozent aller »calories the world trades« aus; mehr als 30 Prozent des Welthandels mit Weizen, 32 Prozent mit Gerste, 17 Prozent mit Mais und mehr als 50 Prozent mit Sonnenblumenöl, -Samen und -Mehl kommen aus diesen beiden Ländern. Der meiste ukrainische Weizen aus der letzten Ernte wurde bereits exportiert, 30 Prozent liegen aber noch in der Ukraine. Die nächste Haupterntesaison kommt im Sommer, derzeit wäre eigentlich die Saatzeit gewesen (von Anfang März bis Ende April).

Die ersten Prognosen sind verheerend. Es wird damit gerechnet, dass das weltweite Angebot bis zu 50 Prozent bei wichtigen Agrarprodukten wie Weizen, Gerste, Mais, Raps- und Sonnenblumenöl zurückgehen wird. Das trifft vor allem Länder, die ohnehin in den letzten Jahren stark durch unterschiedliche (geo)politische und globale ökonomische Dynamiken geschwächt waren. Das Kriegsland Jemen bezieht mehr als ein Drittel seines Weizens aus Russland und der Ukraine. Die Länder der letzten großen Aufstände – Ägypten, Irak, Algerien, Tunesien, Libanon –, die bereits von Dürre und Inflation betroffen sind, erhalten zwischen 60 und 85 Prozent ihres Weizens aus der Ukraine und Russland. In Ostafrika wird die Dürre durch die – vor allem von uns menschengemachte – Klimakatastrophe Ausmaße wie noch nie erreichen. Außerdem sind die afrikanischen Länder Ghana, Nigeria, Kenia und Somalia große Weizenimporteure. Als Ölimporteur wird Kenia zudem hart von den Sanktionen getroffen, vor allem wegen des überbewerteten Schillings und dem zu erwarteten Handelsdefizit. Es wird erwartet, dass Kenia Subventionen einstellen wird, welche die Benzinpreise künstlich stabil halten. Dies könnte zur Verdrängung von Ausgaben in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Infrastruktur führen.

Doch der Hunger ist nur der Anfang. Dies hat zwei Gründe. Erstens kommt der Hunger selten alleine. Oft wird er mit Gewalt (besonders gegen Frauen und Minoritäten), neuen Schuldenkreisläufen, Binnenflucht (mehr als die Hälfte der weltweiten Fluchtbewegungen), Schwächung der Infrastrukturen sowie besonderen Gefahren für Kinder begleitet. Zweitens sind es die globalen politisch-ökonomischen Strukturen, die dieses Ausmaß an Abhängigkeiten erlaubt haben. Häufig genug produzieren die Landwirtschaften vor Ort nicht mehr für den heimischen Markt, sondern für den Export, sind die »globalen Arbeitsteilungen« verhängnisvoll für die Menschen in diesen Ländern. Es ist kein Zufall, dass der Revolutionsruf in Ägypten »Brot, Freiheit, Würde« lautete. Brot kam zuerst, denn da geht es um die globalen Strukturen, die aus einer Grundversorgung Modelle für Profit gemacht haben. Oder, wie die Sudanes*innen in ihren Protesten gerade rufen: »Crops not cotton«. Denn während Baumwolle eines der klassischen Exportprodukte der Region ist und in den globalen Handelskreisläufen gut fließen kann, steht es aber zugleich stellvertretend für die Ausbeutung des Sudans. Ähnlich ist es in Ägypten, nicht nur mit Baumwolle, sondern auch mit Erdbeeren. Doch wie schrieb der ägyptische Soziologe Sakr El-Nour bitter? »Aus Erdbeeren«, so El-Nour, »wird kein Brot gebacken …«.

Fünf Frankfurterinnen

Ayan aus Somalia

»Ich stamme aus Somalia und habe zehn Geschwister, vier Brüder und sechs Schwestern. Mein Vater ist Landwirt. Von klein auf habe ich meine kleineren Geschwister betreut. Mit sechs Jahren kam ich zu meiner Großmutter und wurde von ihr beschnitten. Zwei andere Frauen haben mich dabei festgehalten. Die Grausamkeit und die Schmerzen, die ich damals gespürt habe, werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Ich möchte nicht, dass meine jüngeren Geschwister oder andere Kinder so etwas je erleben müssen.

Mit 16 Jahren, das war 2015, bin ich geflohen, da ich mit einem 40-jährigen Mann verheiratet werden sollte. Manche Mädchen bringen sich in einer solchen Situation um. Auch ich hatte Suizidgedanken. Diese Heirat war für mich unvorstellbar, und ich wünsche mir, dass das kein Kind mehr erleben muss. Heute habe ich zu meiner Familie nur wenig Kontakt. Meine Flucht führte über Äthiopien, Sudan, Libyen und Italien nach Deutschland. Auf dem Meer ist unser Schlauchboot gekentert. Ich kann nicht schwimmen und habe es gerade so geschafft zu überleben. Das war entsetzlich, ich dachte, ich schaffe es nicht. Dabei habe ich alles verloren, auch das einzige Foto aus meiner Kindheit. Auf der Flucht war ich mehrmals in Lebensgefahr, zweimal wurde auf mich  geschossen. Gott sei Dank hat mir eine Frau geholfen. Sie hat mich mitgenommen und damit gerettet. Ohne sie wäre ich heute nicht mehr am Leben.

Zuerst wohnte ich in einem Jugendheim in Frankfurt, dann kam ich nach Wiesbaden; mit 18 Jahren zog ich in eine betreute Wohneinrichtung für junge Erwachsene. Heute lebe ich in einer Wohngemeinschaft in Frankfurt. Ich spiele Theater, habe Deutsch gelernt, gehe in die Schule und möchte alle Abschlüsse machen, die für meine Ausbildung als Altenpflegerin notwendig sind. Am liebsten würde ich danach Medizin studieren. Ich mag die Natur, Wasser und die Farbe Pink. Joggen macht mir Spaß; während ich aufräume, putze und koche, höre ich gerne Entspannungsmusik. Das Wichtigste für mich sind Sicherheit, Freiheit und Gesundheit. Den ehrenamtlichen Helfer*innen, die mich unterstützt haben, die immer für mich da sind, danke ich von Herzen, das werde ich ihnen nie vergessen. Sie sind hier in Deutschland meine neue Familie geworden.«

Fünf Frankfurterinnen

Heba aus Syrien

»Ich war 31 Jahre alt, als ich im September 2012 mit meinem Mann, 39 Jahre, und meinen Kindern aus Damaskus nach Ägypten geflüchtet bin. Dort haben wir ein Geschäft für Elektronikgeräte eröffnet, konnten aber nicht Fuß fassen. Wir wurden sehr ausgegrenzt und die Kinder in der Schule gemobbt. Darum sind wir dann über Algerien, Tunesien, Libyen, Italien und Frankreich nach Deutschland geflohen.

Die Flucht war hart. Wir waren tagelang ohne Essen und Wasser, haben uns auf einem LKW festbinden lassen, damit wir nicht runterfielen, und sind bei der Überfahrt mit einem Holzboot fast ertrunken. Als Wasser in das Boot eindrang, habe ich nur noch gebetet. Alles, was wir noch hatten, wurde uns von Schleppern abgenommen. Wir waren dann vier Tage auf einem Hilfsschiff mit 1700 Leuten und hatten dort wenigstens Kekse und Wasser. Unsere Flucht aus Ägypten dauerte 33 Tage; nach etwas mehr als einem Monat sind wir über das Erstaufnahmelager Gießen schließlich in Frankfurt angekommen. Ein halbes Jahr später haben wir Asyl erhalten.

Zuerst waren wir in einem Hotel in der Nähe des Hauptbahnhofs untergebracht. Weil es dort überall Mäuse gab, habe ich mit meiner Tochter zusammen im Hochbett geschlafen. Mein Mann, unsere zwei Söhne, sie sind 13 und 16 Jahre alt, unsere siebenjährige Tochter und ich leben jetzt in einer 2½-Zimmer-Wohnung im 16. Stock in Sachsenhausen. Das ist zwar ziemlich eng und wir haben wenig Platz. Ich bin aber sehr froh und dankbar, dass wir nicht mehr um unser Leben fürchten müssen und in Sicherheit sind. Mein Mann war früher selbstständiger Unternehmer und arbeitet jetzt als Lieferdienstmitarbeiter. Ich habe fleißig Deutsch gelernt und eine Ausbildung als Kindererzieherin begonnen – das ist auch der Beruf, den ich früher gelernt habe …«

Fünf Frankfurterinnen

Wend-Yiida aus Burkina Faso

»In Burkina Faso häufen sich extreme Wettererscheinungen, steigende Temperaturen führen zu großer Trockenheit, mehr Gewittern und Überschwemmungen. Dschihadistengruppen attackieren neben Christen auch Muslime, die sie für nicht radikal genug halten. Ich arbeitete als Friseurin und hatte mich mit einem Friseurgeschäft selbstständig gemacht. Mein Vater war Christ, meine Mutter ist Muslima. Ich bin katholisch.

Über meine Tante, die in Deutschland lebt, lernte ich meinen Mann in Burkina Faso kennen. Er lebte schon seit 27 Jahren in Deutschland. Seine Eltern kamen ums Leben, als er etwa 16 Jahre alt war. Wenn er Urlaub hatte, besuchte er mich in Burkina Faso; 2014 heirateten wir. Mein Mann ist 54, ich bin 32 Jahre alt. Nach der Hochzeit habe ich alles verkauft und bin zu ihm nach Deutschland gezogen. Die ersten zwei Wochen waren schrecklich. Ich erkannte den Mann, den ich geheiratet hatte, nicht wieder. Er war aggressiv und verbat mir zu arbeiten. Ich konnte die Sprache nicht und befand mich auf einmal in einer Abhängigkeit, die mir sehr unangenehm war. Seit ich 20 bin, habe ich gearbeitet – und jetzt sollte ich zuhause bleiben. Ich wurde schwanger.

Die Schwangerschaft verlief gut, nur die Geburt meines Sohnes war sehr schmerzhaft und traumatisch. Ich wurde als Kind von meiner Großmutter beschnitten und hatte mit den körperlichen Folgen zu kämpfen. Mein Sohn kam mit einem Kaiserschnitt zur Welt. Er atmete nur kurz und lag anschließend drei Tage im Koma. Diese Zeit war schrecklich. Mein Mann arbeitete als Altenpfleger. Ende Dezember 2017 zog ich zu meiner Tante. Weil mein Mann jedoch sehr krank war und Hilfe brauchte – er hatte drei Schlaganfälle –, ging ich nach einigen Monaten zu ihm zurück. Ich musste mich um alles kümmern, zum Sozialamt, zum Arbeitsamt, zum Jobcenter gehen und Anträge stellen – und das alles, ohne richtig Deutsch zu können. Wir stritten uns wieder und er war sehr aggressiv.

Ich hielt es nicht bei ihm aus und zog 2018 mit meinem Sohn ins Frauenhaus. Jetzt habe ich eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung in Frankfurt. Ich lerne Deutsch und möchte gerne im Gesundheitswesen arbeiten. Gerne würde ich eine Hebammenausbildung machen oder Arzthelferin werden. Um eine Ausbildung machen zu können, bräuchte ich für meinen Sohn einen Kindergartenplatz.«

Fünf Frankfurterinnen

Helen aus Eritrea

»Ich bin 30 Jahre alt, in Endadashem in Eritrea, am Rande des äthiopischen Hochlandes, geboren und aufgewachsen. Eine Million Eritreer, etwa ein Drittel der Bevölkerung, ist auf der Flucht. Mein Vater war Soldat, meine Mutter ist Hausfrau. Als ich elf Jahre alt war, ist meine Familie wegen der Grenzkonflikte und der schwierigen politischen Situation nach Äthiopien geflohen. Heute lebt meine Mutter ein halbes Jahr in Äthiopien und ein halbes Jahr in den USA bei meinem Bruder in Washington. Es macht mich traurig, dass ich ihn und seine Familie seit 20 Jahren nicht mehr gesehen habe.

Mit 16 Jahren wurde ich mit einem 40-jährigen Mann verheiratet; ich habe keinen Kontakt mehr zu ihm. Meine jetzt achtjährige Tochter Merhawit lebt bei meinem Bruder in Äthiopien. Sie hat eine fibröse Dysplasie im Gesicht und müsste operiert werden. In Äthiopien habe ich eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht und zwei Jahre im Krankenhaus in Gonder gearbeitet. Weil meine Mutter immer wieder das Land verlassen musste, Eritreer in Äthiopien ausgegrenzt werden und ein Großteil der Familie in Europa lebt, flüchtete ich schließlich über den Sudan, Libyen und Italien nach Deutschland. In Libyen wurde ich gefangen genommen, geschlagen und gefoltert; meine Kleidung und all meine Sachen wurden mir gestohlen. Vier meiner Freundinnen wurden ermordet. Das Mittelmeer überquerte ich unter lebensbedrohlichen Umständen mit dem Schlauchboot.

Meine Flucht dauerte ein Jahr. Schließlich landete ich in Mainz, wo ich Ibrahim kennenlernte. Ich bin Christin, er ist Muslim. Im Januar 2020 kam unser Sohn Amen zur Welt. Die Schwangerschaft war sehr traumatisch, ich musste mit gebrochener Hüfte und kaputten Knien entbinden. Da ich mein Kind nicht mit Krücken tragen kann, ist der Alltag oft sehr beschwerlich. Ich habe ein Zimmer im vierten Stock eines Hotels; in der Nähe ist ein Supermarkt und die Bushaltestelle liegt gegenüber dem Hoteleingang. Wenn es mir wieder besser geht, hätte ich gerne mehr Kontakt zu Deutschen, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Ich würde gerne als Krankenschwester arbeiten und in eine ebenerdige Wohnung mit einer Küche ziehen.«

Fünf Frankfurterinnen

Maryam aus Afghanistan

»Ende 2015 bin ich aus Makroyan, Kabul, Afghanistan gekommen. 2011 starb meine Mutter mit 45 Jahren. 2015, ich war damals 20 Jahre alt, sollte ich mit meinem Cousin verheiratet werden. Mein Vater sagte, wenn ich ihn nicht heiraten würde, müsste ich gehen. So flüchtete ich mit einer befreundeten Familie in den Iran. Im Iran habe ich ein Jahr lang ein Praktikum in einer Apotheke gemacht und im Anschluss für ein Jahr umsonst beim Rettungsdienst in einem Krankenwagen gearbeitet. Offiziell durfte ich dort nicht arbeiten. Menschen mit Fluchthintergrund werden im Iran sehr ausgegrenzt und leben am Rande der Illegalität.

Über die Türkei floh ich schließlich mit dem Bus nach Österreich; über München und Gießen kam ich letztendlich nach Frankfurt am Main. In Gießen habe ich meinen Freund kennengelernt, der als Dolmetscher arbeitet. Das Containerwohnheim in Frankfurt-Dornbusch, in dem ich zuerst lebte, wurde mittlerweile geschlossen. Seit 2018 wohne ich in Oberrad in einer 2-Zimmer-Dachgeschoss-Wohnung. Ich habe bereits ein Praktikum bei Stitch by Stitch gemacht und dort genäht. Aber jetzt möchte ich gerne eine Ausbildung zur Krankenpflegerin machen. Krankenpflegerinnen werden in Deutschland gesucht. Ich vermisse meine Familie sehr, aber in Deutschland zu sein bedeutet für mich Zufriedenheit. Mein größtes Glück ist meine Tochter Sophia. Für Mütter mit Kindern wäre eine Ausbildungsmöglichkeit, bei der es eine Kinderbetreuung gibt, gut. Besonders schön finde ich, dass es hier keine Korruption gibt und Bedürftige soziale Leistungen erhalten.«